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SÜD-OST 06|2015

13 Aber wenn dreizehn Jahre schon nicht ausreichen, sollte es ja auf jeden Fall in Zwölfen besser zu schaffen sein, da konnte man getrost ein Schuljahr abschaffen. Vernunftwidrigen Aktionismus zu treiben hat nun allerdings auf der gesamten Ebene der Legislative Methode, da kann das Kultusministerium – oder besser: Stultusministe- rium – keine Ausnahme bilden. Als großer Schritt in die völlig falsche Richtung war neben dem Zentralabitur auch die Abschaffung der Orientierungsstufe unter Beibehaltung des dreigliedrigen Schul- systems für jeden Laien bereits im Vorhinein zu erkennen. Vorausgesetzt natürlich, man empathisiert wenigstens ansatzweise mit denen, die von der Maßnahme am meisten betroffen sind. Die „Experten“ werden erst jezt in die Geheimnisse des Alltags einge- weiht, ein aktuelle Studie zeigt, dass Stressymptome und psychische Erkrankungen bei Kindern zugenommen haben, seit die Orientierungsstufe abgeschafft wurde.Wer für die einfachsten Zusammenhänge erst einen Zeitungsartikel braucht, sollte eigentlich nicht über seine Mitmenschen entscheiden dürfen. So geschah es aber,und daher bekommen auch schon die ehedem viel zu vergnügten und allzu sorgenfreien Neunjährigen einen Leistungsdruck zu spüren, der sich gewaschen hat. Bis sie die Grundschule abgeschlossen haben, haben sie schon volle zwei Jahre den größten Teil ihrer „Freizeit“ mit Lernen verbracht, um sich einen Grundschulabschluss zu erarbeiten, von dem das Leben abhängt. Ist doch toll. Frohgemutes wird also heute bereits in der Grundschule der Grundstein für den frü- hen Herzinfarkt gelegt. Synonym wird die ganze Veranstaltung ja auch als Elementar- schule bezeichnet. Elementares dabei: Zukunftsängste, Leistungsdruck, Existenzsorgen und Konkurrenzdenken. Und zwar in echt, nicht ‚in Spielen‘. Chapeau! Da lernen die Kleinen was fürs Leben, das ist nicht von der Hand zu weisen. Und das sehr viel pra- xisbezogener und besser erfahrbar, als wenn Buzz Lightyear in Nachbars Rabatten dem Ultramega-Zord auflauert, um die Vernichtung des Schlumpfdorfs zu verhindern. Für alberne Hobbys ist ja noch im Rentenalter Zeit – sofern man es den Krankenkassen und dem Staate zum Trotz erreicht. Nach vier Jahren Schul-Assessment-Center werden die dann Zehnjährigen schicksal- haft ihrer jeweiligen Kaste im dreigliedrigen Schulsystem zugeteilt. Mit spätestens zwölf Jahren Alters gibt man die Kinderchen dann in ärztliche Behandlung,um medikamentös den Versagensängsten und Stresssymptomen entgegenzuwirken. Aber was sollen überhaupt die ganzen Klagen? Wo doch in anderen Ländern die Kinder froh wären, wenn sie überhaupt zur Schule gehen dürften! Oder man denke mal daran, wie es einst auch hierzulande zugegangen ist: Feldarbeit, sobald das Laufen erlernt war. Allerdings nicht bis zur Rente mit 75, sondern bis zum Tod mit 40. Dafür wurde aber auch schon mit 14 oder auch mit 12 geheiratet - das wiederum will heute dann doch keiner mehr haben. Und doch sind heute wie damals viele von den Zwölfjährigen am Poppen und mehr als nur ein paar sind spätestens mit Dreizehn am Rauchen, Kiffen und Saufen. Möglicher- weise, weil es nahe liegt, die Belastungen der Erwachsenenwelt auch mit den Bewälti- gungsstrategien der Erwachsenenwelt zu meistern. Nicht zuletzt spart der Staat dadurch am Ende auch wieder, wenn nämlich weit vor dem Renteneintrittsalter ins Gras gebissen wird.

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