19 Ja, wo sind wir denn hier...? Lou-Andreas-Salomé-Weg Lou Andreas-Salomé – Schrittmacherin der Moderne Intelligent, wissbegierig, empathisch: Das waren die herausragenden wie unge- wöhnlichen Attribute von Lou Andreas-Salomé. In einer Zeit, in der Frauen noch die traditionelle Rolle der pflichtbewussten Haus- frau, Gattin und Mutter einnahmen, war sie Schülerin, Freundin und Geliebte großer intellektueller Männer und Göttingens erste Psychotherapeutin. Kurz, sie war eine Ausnahmeerscheinung ihrer Zeit. „Wir wollen doch sehen, ob nicht die al- lermeisten sogenannten ‚unübersteiglichen Schranken‘ die die Welt zieht, sich als harmlose Kreidestriche herausstellen!“.Was Lou Andreas-Salomé 1882 in einem Brief an Pastor Hendrik Gillot schrieb, spiegelt ihr geistig-kulturel- les Grundverständnis wider, und dieses kam nicht von ungefähr: Lou, eigentlich Louise von Salomé, kommt am 12. Februar 1861 als jüngste Tochter eines deutsch-russi- schen Ehepaares in St. Petersburg zur Welt. Die Familie ist wohl- habend und kulturell vielseitig interessiert. Die insgesamt sechs Kinder wachsen drei- sprachig auf; im Haus wird neben Deutsch und Russisch auch Französisch gesprochen. In dem gefestigten Elternhaus wächst eine junge Frau heran, die sich durch einen selbstbewussten Charakter, einen regen Geist und einen unbezähmbaren Unabhän- gigkeitsdrang auszeichnet. Nach dem Tod ihres Vaters zieht Lou 1880 gemeinsam mit ihrer Mutter nach Zürich, wo sie ein Studium an der dortigen Uni- versität beginnt, damals eine der wenigen Bildungseinrichtungen, die Frauen zum Studium zulassen. Die strebsame junge Studentin beschäftigt sich u.a. mit Religi- onswissenschaften, Metaphysik und Ar- chäologie, bevor ein Lungenleiden sie dazu zwingt, ihr Studi- um zu unterbrechen und einen Kururlaub in Rom zu machen. Dort angekommen macht sie Bekannt- schaft mit Malwida von Meysenburg, ei- ner ausgewiesenen Berliner Schriftstel- lerin, Pazifistin und Frauenrechtlerin. Die Berlinerin hatte nach dem Vorbild der Ber- liner Salons einen Zirkel von Intellektuellen und Künstlern in Rom aufgebaut, in dessen Reihen sich auch die Philosophen Paul Rée und Friedrich Nietzsche aufhalten. Beide sind so von der ungewöhnlichen Lou fas- ziniert, dass sie ihr jeweils einen Heirats- antrag machen, doch beide lehnt Lou von Lou Andreas-Salomé 1907 (Foto: Atelier Elvira)