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Göttingen SÜD-OST 10/2013

28 rich W. J. Schelling eingegangen. Auch die Sturmjahre der Romantik sind vorbei. Der Kreis beginnt sich aufzulösen, seine Mit- glieder verschlägt es in alle Himmelsrich- tungen. Schlegel geht zunächst nach Ber- lin, dem neuen Zentrum der romantischen Bewegung. In Begleitung der Schriftstellerin und pas- sionierten Weltenbummlerin Anne G. de Staël reist Schlegel im Zeitraum von 1804 bis 1817 quer durch Europa bis nach Russ- land. Als wissenschaftlicher Höhepunkt dieser Jahre kann Schlegels Vorlesungen über dramatische Kunst und Literatur – 1808 in Wien gehalten – gelten. Darin grenzt er das romantische Drama vom klassischen ab.Während in der Antike die Welt als har- monisches Ganzes wahrgenommen wurde, seien in der Neuzeit die Abspaltungen von Emotion und Reflexion zu beobachten. Der romantischen Poesie kommt damit die Aufgabe zu, den mythischen Seinszustand künstlich-künstlerisch wiederherzustellen. In seinen späteren Jahren – Schlegel ist seit 1818 am Lehrstuhl für Literaturwissen- schaft der Universität Bonn tätig – inten- siviert er seine philologischen, vornehmlich indologischen Studien und avanciert (neben Humboldt und Bopp) zum Mitbegründer der Indologie sowie der modernen kompa- rativen Linguistik in Deutschland. In seinen späteren Jahren flaut Schlegels Erfolg allmählich ab. Vorlesungen bleiben weitestgehend unbeachtet, seine Person ist häufig Zielschreibe von Spott. Am 12. Mai 1845 stirbt der Ausnahme-Forscher im Al- ter von 78 Jahren in Bonn. Er findet dort seine letzte Ruhe auf dem Alten Friedhof. Geboren und aufgewachsen im Eckhaus am Ende der Prinzenstraße gegenüber der Alten Universitätsbibliothek, ist Caroline Schelling untrennbar mit der neuzeit- lichen Geschichte Göttingens ver- bunden. Eingezwängt in das ge- sellschaftliche Korsett des 18. Jahrhunderts, versuchte sie stets mehr als nur vorbildli- che Ehefrau und Mutter zu sein.Ihr Anliegen war es,ak- tiv am kulturellen Leben ih- rer Zeit teilzunehmen. Ganze drei Mal war sie verheiratet – zu ihrer Zeit ein Skandal. Trotz etlicher Tiefschläge verlor sie aber nie den Willen, nach ihrem ganz persönli- chen Glück zu streben. Caroline wird am 2. Sep- tember 1763 in Göttingen als Tochter des angesehenen Theologen und Orientalisten Johann David Michaelis geboren. Wäh- rend ihrer Kinder- und Jugendzeit genießt sie eine für das 18. Jahrhundert außerge- wöhnliche Ausbildung. Ihre überdurch- schnittliche Begabung erkennend, fördert der Vater zeitig Carolines geistige Ent- wicklung. Sie lernt Englisch, Fran- zösisch und Italienisch und ist eine passionierte Leserin. Ihre größte Leidenschaft aber gilt dem Theater. Sie wächst in einem akademisch gepräg- ten Umfeld auf, in dem sie rasch mit den vor Ort do- minierenden demokratischen sowie aufklärerischen Ideen in Berührung kommt. Diese treffen bei der Heranwachsenden auf fruchtbaren Boden und bestimmen fortan ihr Denken und Handeln. 1784 verlässt sie ihr ge- schätztes Umfeld, um mit ihrem ersten Ehemann, dem Arzt Johann Böhmer, im kleinstädtischen Clausthal zu leben. Aus der Ehe gehen drei Kinder hervor, von de- Die wilde Universitätsmamsell – Caroline Michaelis Böhmer Schlegel Schelling Caroline Michaelis. (Johann Friedrich August Tischbein der Jüngere (1750- 1812). Öl auf Leinwand, 71 x 58cm)

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