12 zen Peter des Ständig-falschgeschrieben-Werdens an die Firma Erfurter Rauhfaser weiterzugeben. Aber welche Gründe es nun waren, das h ist ab. Rau ist jetzt kastriert. Nun ist es viel sanftmütiger als vorher, und auch viel weniger ruppig im Umgang mit den anderen Wörtern. Es ist nun nämlich eins von ihnen. Hand aufs Herz: Was erscheint ungestümer, eine rauhe See oder eine raue See? Und ist ein rauher Wind im Gesicht nicht beißender als ein rauer Wind? Das h gab dem Wort Kraft und dem Wind spürbare Substanz, färbte die See bleiern und peitschte die Gischt auf. Nun hat rau kaum mehr Brutalität in sich als grau. Wenn aus Worten Wörter werden, gab es wieder eine Rechtschreibreform. Weiß denn der Rat für deutsche Rechtschreibung in seiner Besetzung von 2005 nicht, dass es mal Gründe gegeben hat, die Worte aus all den vielen schönen Buchstaben in ganz verschiedenen Varianten zusammenzusetzen? Saßen 2005 auch im Rat für deutsche Rechtschreibung schon nur noch BWLer,die das h in rauh wegrationiert haben? Mussten sie nach dem Beschluss zur Schifffahrt mit drei f anderswo Buchstaben einsparen? Neben der Wortspaltung wurden die Schreibweisen weiterer Begriffe verändert, angeb- lich in der Absicht, sie zu vereinfachen.Was natürlich ebenfalls vorwiegend in die Hose ging. Portrait zum Beispiel soll man ja jetzt Porträt schreiben, das macht natürlich Sinn, denn sicher fällt es ja den meisten leichter, sich pro Wort nur von einem Buchstaben merken zu müssen, dass er sich anders ausspricht, als er geschrieben steht. Die weite- re Duldung des abschließenden t durch den Rat für deutsche Rechtschreibung dürfte beim Porträt wohl der Hinführung zum Verb geschuldet sein. Das macht‘s aber nicht besser.Immerhin bietet sich damit ein passender Slogan für einen Karnevalsumzugswa- gen zum Thema: Porträtärätätää. Vorerst gibt’s aber zumindest weiterhin keinen Café (oder Kaffee) au Lät zu bestellen. Und dies auch nicht etwa in einem Café (oder Kafee) mit Flär, das möglicherweise von einem Mätre de Pläsir betrieben wird. Beim Fußball spielt man auch nach der Recht- schreibreform nicht fär und es wird auch nicht träniert. Von den Spielern werden trotz- dem Porträtfotos fürs Panini-Album gemacht. Mal sehen, wie lange es dauert, bis hier jemand Miree Matjö heißt, oder ein anderer Matjö Karjeer. Außerhalb des Word- und Duden-Kosmos blickt heut offenbar auch so mancher nicht mehr durch, wo – oder gar ob – überhaupt noch das gute alte Buckel-S, das Eszett, das ß also, eingesetzt werden darf. Vor 2005 war’s nicht sinnvoll, jetzt ist‘s, das muss man zugeben, wirklich einleuchtender, aber es wurde wohl versäumt, diese einfache Regel – nach kurzem Vokal ss, nach langem Vokal ß – mal kundzutun, und so fehlt manchem schon aller Mut zum ß. So findet man häufig falschgeschriebene Strassen, Fusscreme und wenn‘s hochkommt sogar Russentferner. Wo es beim Russentferner durch die verkehrte Schreibweise schon zu Missverständnis- sen kommen könnte, was Anwendungsgebiete und die Farbe der Gesinnung angeht, kann wohl vor allem einer besonders froh sein, dass das ß nicht grundlegend verbo- ten wurde; es ist der Hersteller des seltsamen Brotbelags mit Namen Eszet-Schnitten. Hässliche semantische Verknüpfungen täten sich auf, wenn man im Supermarkt nun Essess-Schnitten kaufen sollte und man sich fragen könnte, was denn nun genau unter einer Essess-Schnitte zu verstehen sei. Beate Zschäpe vielleicht ...